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Alt 12.08.2008, 19:53
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Eggl Eggl ist offline
Jäger
 
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Hallo ihr Lieben,
ich danke euch. Ihr habt mich inspiriert und Laubfrosch hat noch eine Geschichte aus seinem Leben zu erzählen. Sie trug sich zu, zu Zeiten, als Menschen, Tiere und Pflanzen noch in Clans zusammenlebten und ihr Können und ihre Gaben miteinander teilten.

Laubfrosch zieht fort

Laubfrosch lebte zufrieden in seinem Teich und liebte es, die Zeit mit schwimmen und quaken zu verbringen. So wohl fühlte er sich in seinem Teich, dass er sich nicht vorstellen konnte, jemals von hier wegzugehen. Er schwamm und quakte, quakte und schwamm, tagaus, tagein. Gut kannte er seinen Teich, hier fühlte er sich sicher. Er wusste, wann die Sonne über den Berg kam, wusste wo er sich bei Regen unterstellen konnte, kannte alle die hier lebten und liebte es, wie sein Lied von den Felsen zurück geworfen wurde. Bald kannte er den Teich besser wie manch anderer, der auch hier wohnte. Und so konnte er manchem seine Fragen beantworten und hilfreich zur Seite stehen.
Sein quaken wurde gern gehört und wohlgefällig wurde auf sein schwimmen geblickt. Das tat ihm wohl und er fühlte, dass er eine wichtige Aufgabe erfüllte. Er übte sich im quaken und es gelang ihm, die schönsten Laubfroschlieder zu singen und weise Froschworte zu sprechen. Auch übers schwimmen lernte er viel und wurde besser und besser und bekam viel Anerkennung von den Menschen, Tieren und Pflanzen, die ihn sahen. ?So ein guter Schwimmer! Ja, wie er sollte man sein? sprachen sie, oder ?Seine Lieder sind wunderbar, so kann nur er singen? und ?Seine weisen Worte haben mir schon oft geholfen?. Das freute Laubfrosch. Er gab sein Bestes im Teich und fühlte sich gut und richtig.
Nur großer alter Stein am Teichrand schien immer wieder den Kopf zu neigen, die Brauen hochzuziehen und dabei leise zu schmunzeln.
Lange Zeit erfüllte das quaken von Teichfrosch die Umgebung des Teiches und sein schwimmen erzeugte Wellen. Wellen der Veränderung.
Eines Tages, als Laubfrosch seinen Gesang erklingen ließ, da gefiel ihm plötzlich sein Lied nicht mehr. Er probierte ein anderes, aber auch das klang plötzlich fad und leer. Sein drittes Lied gefiel ihm, aber nur eine kurze Weile. Er fühlte, dass sein Herz nicht mehr mitsang. Er fragte Teichhuhn: ?Hörst du es? Mein Lied klingt nicht mehr richtig!?. Aber Teichhuhn sprach: ?Nein, es ist schön wie immer. Wahrscheinlich kratzt es dich im Hals, weil du dich erkältet hast?. Vielleicht, dachte Teichfrosch.
Am nächsten Tag war es wieder so, Teichfrosch fand sein Lied fad und leer und wieder fragte er Teichhuhn: ?Hörst du es? Mein Lied klingt nicht mehr richtig!?. Aber Teichhuhn sprach: Nein, es ist schön wie immer. Wahrscheinlich bist du einfach zu anspruchsvoll und erwartest zu viel von dir.?
Vielleicht, dachte Teichfrosch. Am dritten Tag, als Teichfrosch zu singen begann, hörte er mitten im Lied einfach auf. Doch Teichhuhn rief ihm zu: ?Hör nicht auf zu singen, was sollen wir denn ohne deinen Gesang machen, dann wäre der Teich nur noch fad und leer!?.
Teichfrosch setzte sich auf ein Lieblingsseerosenblatt, aber irgendwie fühlte er sich nicht mehr gut und richtig. Er saß im Sonnenschein und dachte nach. Dabei fiel sein Blick auf die Wasseroberfläche. Er sah sein Spiegelbild und entdeckte eine Sorgenfalte auf seiner Stirn, die er vorher noch nie gesehen hatte. Im Wasser spiegelte sich auch großer alter Stein. Teichfrosch blickte so lange auf das Spiegelbild des Steins, bis ihm ganz schwindlig wurde und plötzlich war es, als ob großer alter Stein zu ihm sprechen würde: ?Alles dreht sich im Kreis des Lebens und Leben ist Veränderung. Dem Frühling folgt der Sommer, der Herbst und dann der Winter. Und in der kalten Starre des Winters wird der neue Frühling geboren. Ich habe schon viele Sommer und Winter kommen und gehen sehen und ich weiß: Wasser fließt, Feuer brennt, Wind zieht vorüber und Erde nährt.?
Teichfrosch lauschte dieser Botschaft und bewegte sie in seinem Herzen. Lange saß er da, bis er aufblickte und großem alten Stein in die Augen schaute: ?Ich danke dir!? und großer alter Stein sprach: ?Geben ist bekommen?.
Dann rief Teichfrosch: ?Adieu, ihr Lieben hier im und am und um den Teich. Ich habe gerne für euch gesungen, aber nun klingt mein Lied nicht mehr. Mein Feuer ist klein geworden und lodert nicht mehr und so kann auch mein Herz nicht mehr brennen. Ich muss nun fließen wie das Wasser und mir einen neuen Weg suchen, dort wo ein frischer Wind für mich weht. Ich gehe ohne Angst, weil ich weiß, dass die Erde alle ihre Kinder nährt.?
Und so verließ er den Teich und trug die Gabe von großer alter Stein mit Dankbarkeit in seinem Herzen.
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