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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ein Jahr in der Wildnis


Baschtl
18.06.2007, 07:47
Hallo liebe Leute,
ich werde ab jetzt immer um Neumond einen kleinen monatlichen Bericht ueber meine Erfahrungen schreiben. Ich bin immer um Neumond fuer einen vollen Tag in der Naehe eines Computers und kann e-mails lesen und Sachen schreiben.

Der 1. Mond:

14 Leute, die aus aller Welt zusammen gekommen sind traten den Weg in die Wildnis nach einer Nacht unter dem Vollmond an. Ich bin einer von ihnen, der sich dazu entschieden hat, fuer ein Jahr in die Wildnis zu gehen und fuer diese Zeit das Clanleben der Jaeger und Sammler zu erfahren. Es gibt 2 Clans mit 7 Leuten, die in 2 Camps an einem See in der Wildnis von Wisconsin leben. Wir lassen alle Ablenkungen des zivilisierten Lebens hinter uns und feiern diese Umstellung mit einem Fastentag, um unser Koerper auch fuer die Diaet unserer Vorfahren vorzubereiten. Kein Zucker und fast keine Kohlenhydrate.
Sofort werden wir von unserem Guide, Tamarack Song, in die Fertigkeiten eingefuehrt, die unser (Ueber)leben moeglich machen. Wir flechten Koerbe, bauen unsere eigenen WigWams , sammeln einen grossen Teil unserer eigenen Nahrung, stellen Fallen, Gerben und nach gewisser Zeit koennen wir sogar direkt aus dem See trinken. Jeden Tag sinke ich tiefer ein in das Netz, gesponnen von all dem natuerlichen Leben, das mich umgibt. Jeden Tag schulen wir unsere Aufmerksamkeit und entdecken die alltaeglichen Wunder und kleinen Veraenderungen. Ich fuehle mich nach nur 6 Wochen schon so verbunden zu dem Platz, weil ich die Zeit habe bestimmte Orte jeden Tag zu besuchen. Ein Vogelnest, in dem Eier liegen, kann ich nun jeden Tag beobachten, um zu schauen, wann die Jungen schluepfen. Jeden Tag streife ich vorbei an Schafgabe, Loewenzahn, Koenigskerze und vielen anderen Verwandten. Jeden Tag schaue ich, wie reif die Beeren sind und wann wir anfangen koennen, sie zu ernten. Viel Freiheit und viel Zeit, die mein planender Geist garnicht gewoehnt ist. Mit der Ernaehrungsumstellung und der nicht vorhanden externen Motivation falle ich die ersten Wochen in ein sehr intensives Energieloch und bin total down. Dazu kommen viel Sehnsucht und Verlangem nach dem Alten und Gewohntem. Es wird immer schwieriger jeden Tag im MOment zu leben und ich merke, wie die Umstellung zum natuerlichen Rhythmus erstmal sehr schmerzhaft und intensiv ist. Die andere Seite des Programms ist "Truthspeaking". Wir versuchen zu lernen unsere Gefuehle im Moment auszudruecken und sie nicht zu bewerten. Jegliche Gefuehle, die aufkommen, versuchen wir so pur wie moeglich zu akzeptieren und zu formulieren. Das ist der schwierigste und beaengstigende Teil des Programms, weil man sehr schnell seine eigenen Gefuehle in Frage stellt und merkt, dass man Emotionsmuster mit sich herumtraegt, die einem davon abhalten vertauensvolle Beziehungen aufzubauen. Daran werden wir sicher das ganze Jahr intensivst zu arbeiten haben. Nach einem Vollmond durften wir bei unserer ersten Schwitzhuette teilnehmen und werden ab jetzt jeden Vollmond schwitzen. YEAH!
Es wird gerade waermer hier und ich gehe jeden Tag baden und beobachte die Libellen und die Fische. Uns stehen die sogenannten "hungry moons" bevor, das heisst, dass wir in den naechsten Monaten immer weniger essen von der Schule bekommen und immer mehr selber sammeln muessen. Wir werden durch viel Hunger gehen und ich kann ihn hoffentlich nicht nur als Feind, sondern auch als Lehrer begruessen. Heute haben wir ein Reh geschlachtet und gehaeutet und hatten ein tolles Abendessen mit frischen Rehfleisch, wildem Reis und Wildkraeutern. Morgen treten wir unseren Rueckweg zu unserem Camp an und verbringen den naechsten Mond wieder in der Wildnis. Ich hoffe, ihr konntet kurz in diese Erfahrung eintauchen und ich bin froh sie mit euch zu teilen.
Ich gruesse alle, mich denen ich ueber die Ueberlebensschule Bekanntschaft machen durfte. Mehr Infos (www.teachingdrum.org)

Bis zum naechsten Neumond. Gigaawabamin

Basti

survival
19.06.2007, 09:15
Hallo Basti!
Vielen Dank für Deinen tollen Beitrag, wir alle freuen uns schon auf den nächsten. Es gehört viel menschliche Reife dazu, mit solcher Offenheit über die Hochs und Tiefs zu schreiben. Danke fürs Teilen!
Alles Liebe Thomas und Susanne

samoa
20.06.2007, 07:09
Respekt das alles durchzustehen, hoffentlich schaffst du nach dem Jahr den Sprung in die Zivilisation wieder, muß ja dann der umgekehrte Effekt sein.
Freue mich auch auf weitere Infos, finde es sehr spannend und aufregend und mutig.

survivalmike
20.06.2007, 12:33
Hi Basti!

Toll dass du uns an deinem Abenteuer etwas teilhaben lässt - danke!
Klingt sehr aufregend was du da so alles erlebst - wir glauben an dich - du packst das schon! ;)

LG aus Salzburg und weiterhin viel Gutes
Mike

Baschtl
14.07.2007, 00:08
Nun sind es schon zweieinhalb Monate in der Wildnis und der Sommer ist bei uns angekommen. Viele neue Sachen und Projekte, an denen wir arbeiten und immer mehr werden wir aufmerksam auf die Lebenskreise unserer Umgebung. Aus den 14 Leuten, die das Programm begonnen haben, sind schon 6 abgereist. Die 2 Clans sind also kleiner geworden und damit wird unser Zusammenleben intensiver. Unsere Wig-Wam-Gerueste aus Ahornholz stehen und vor ein paar Tagen haben wir die Birkenrinde und die Wurzeln gesammelt, um unsere Huetten fertig zu stellen. Bald werden wir unsere Streichhoelzer und Zelte aufgeben und immer mehr von unseren Faehigkeiten leben. Nachdem wir es geschafft haben, unsere Nuesse sicher aufzubewahren(ohne das sie vom Eichhoernchen gefressen werden), fangen wir jetzt an Fallen zu stellen. Kleine Anregung: Auf welche natuerliche Art und Weise versteckt man Nuesse vor den Eichhoernchen??
Wir werden also die beruehmten Figure-Four und Snaretraps aufstellen und so hoffentlich Fleisch essen koennen. Wir haben naemlich als Clans beschlossen, das wir kein Fisch oder Fleisch mehr von der Schule bekommen, sondern uns selber um unsere Eiweissquellen kuemmern. Also verbringen wir jeden Tag viel Zeit auf verschiedenen Seen, um zu fischen und heute abend gibt es den ersten Nacktschneckeneintopf. Auch Froesche, Fliegen, Ameisen und Larven sind uns willkommene Eiweissliefernaten in dieser Zeit. Seit einiger Zeit sind die Blau- und Himbeeren reif, sodass wir jeden Tag sammeln gehen und immer auf der Suche nach neuen Beerenfeldern sind. Der Hunger motiviert und lehrt uns.
Unsere erste Schwitzhuette am Vollmond war ein unglaubliches Erlebnis und eine voellig neue Erfahrung. Wir haben in der Ojibwa-Tradition geschwitzt und haben uns danach in unseren geliebten See gebadet.
Immer mehr Verhaltens- und Gefuehlsmuster werden uns klarer und jeder entwickelt voellig neue Wahrnehmungen fuer sich und seine Umwelt. Wir versuchen, immer mehr Vertauen zu unseren Clanleuten aufzubauen und stossen dabei auf Grenzen, auf Blockaden, die unueberwindbar scheinen. Es scheinen alte Wunden zu sein. Wunden aus der Kindheit, die uns beeinflussen und die uns davon abhalten andere wirklich zu akzeptieren und sich selber wirklich zu lieben. Ohne die normalen Ablenkungen und die emotionalen Unterdruecker(Essen, Drogen, KOnsum, etc.) kommen da viele intensive Dinge zum Vorschein und wir versuchen zu verstehen, dass alle Gefuehle o.k. sind. Es gibt an diesem Platz kein Gut oder Boese. Nun tauchen wir ein in den naechsten Monat und fangen an zu gerben und Rohhaut zu machen. Immer mehr Fertigkeiten, die zu unserem Alltag werden und so staendig geuebt werden. Das ist so kraftvolles Lernen, dass es manchmal fast zu viel wird. Immer noch plagen mich oft Sehnsuechte nach Familie, Freunden, Essen und Reisen. Aber ich nehme sie zurzeit als Lehrer und versuche immer mehr im Moment zu leben.
Ich gruesse euch alle und schicke euch die ersten 3 Strophen eines wunderschoenen Gedichts. Bis Bald

Bastian

Song of Trusting the Heart

The Beauty Way is not difficult
for those who have no preferences.
when there is no love & hate
everything becomes clear & visible
However,
make the least distinction
and the Known & the Unknown
will be flung a world apart


If we wish to see the truth
let us not be pro-or-anti anything.
To pit like against what we dislike
is the imbalance of the ego.
When the truth of things is not known
the heart is in torment
the mind will not rest.


The Beauty Way is perfect
like all of creation.
Where nothing is lacking
and nothing is in excess.
It is only when
we choose to accept or reject
that we go blind
to the true nature of things

samoa
14.07.2007, 13:02
Hammer,...es hätte mich gewundert wenn alle geblieben werden, weil die romantische Vorstellung *in der Wildnis leben* dann doch nicht so romantisch ist, wenn es zur Realität wird. Es würde mich auch nicht wundern, wenn du einer der Wenigen bleibst, die es schaffen das durchzuhalten. Ich denke daß der Hunger vielen Menschen die Augen öffnet, und man sich dann nach der Bequemlichkeit sehnt, sich einfach mal ums Eck einen Hot Dog oder so zu holen. Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und freue mich auf neue Erzählungen.

survival
15.07.2007, 10:01
Hallo Basti!

Schön von dir zu hören. Sich selber kennenzulernen ist ein grossser Schritt im Leben, und ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute. Danke für deinen Beitrag Tom

Baschtl
17.08.2007, 05:24
Der 3.Mond - trockener Mond der Beeren


Ein weiterer Monat ist vergangen in der wunderschoenen Wildnis von Wisconsin. Viele Dinge sind geschehen und vieles aendert sich die ganze Zeit. Wir geniessen jetzt auch Stachelbeeren und Schwarzbeeren. Wir haben unsere Zelte und Streichhoelzer abgegeben und motivieren uns so unsere beiden WigWams fertig zu stellen und unsere Feuermachskills zu trainieren. Mein erstes Feuer mit Zedernholz und Rohhautschnur war ein Wahnsinnserlebnis. Ich habe Zedernbast als Zunder benutzt und dann haben wir ein leckeres Essen mit frisch gefangenem Barsch aus dem See gekocht. Eine weitere Schwitzhuette in einem gorssen Kreis, die viele Sachen geoeffnet und gezeigt hat. Da wir nun nur noch 6 Leute im Programm sind, besteht der 2. Clan aus 2 Leuten und wir sind 4. Zurzeit haben wir den Clan des Ostens zu Besuch und sie helfen uns unser GrasWigWam zu Ende zu stellen. Daran arbeiten wir nun schon einen halben Mond von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Es ist sehr trocken und deshalb vertrocknen die Beeren schnell und es gibt nicht viele Moskitos.
Da wir fuer unsere WigWams sehr viel Rohhaut brauchen, beschaeftigen wir uns intensiver mit Gerben und Rohhautherstellung. Vor 2 Tagen haben wir wieder eine Hirschkuh gehaeutet und geschlachtet und dann einen leckeren Organe-Eintopf gekocht und den langen Rueckenmuskel direkt ueber den Kohlen gegrillt. Waaahnsinn!
Unser Clan waechst immer mehr zusammen und wir ueberlegen beide Clans zu einem zu machen, um so mehr voneinander lernen zu koennen. Immer mehr entdecken wir uns selber und erkennen Dinge in den anderen, die sie selber nicht wahrnehmen, weil es Automatismen sind. Das sind unsere ersten grossen Schritte auf dem Weg wahre "KreisMenschen" zu werden. Leute, die in einem Kreis mit Respekt und Vertrauen leben und nach dem Prinzip "Giving is Receiving" leben. Es besteht kein Unterschied mehr zwischen geben und empfangen. Daran arbeiten wir intensivst und machen viele Fehler.
Ich freue mich, dass ich ein paar Fotos anhaengen kann. Ich hoffe, ihr koennt etwas erkennen. Hier sind die naechsten Strophen des Gedichts.
Es wird langsam kaelter bei uns und ich fuehle, dass der Herbst langsam kommt und sich vieles aendern wird. Ich schicke liebe Gruesse an euch alle und freue mich zu wissen, dass ich eine grosse Familie da draussen habe. Geht einen guten Weg. Glueck und Gesundheit.

"Live neither in the entanglements of outer things,
nor in the inner realm of emptiness.
Be in balance(4) with the oneness of things and such
illusions will naturally disappear.


When you try to replace activity by passivity
the very effort returns us to activity.
As long as we dwell in either extreme
we will not know the Beauty Way.


Without knowing Balance
we will strive to deny external reality
thereby asserting it
or we will strive to assert inner emptiness
thereby denying it.


The more we think and talk about Truth
the further we wander from the Truth.
When we stop the mind's drive to know,
there is nothing we cannot know.


To return to the heart is to find meaning,
to pursue appearances is to lose our soul(5).
The moment we return to our heart
we transcend both appearance and emptiness.
We see that the activities of the empty world
looked real only because of our blindness."

Roman
17.08.2007, 07:12
Hallo Basti

Danke für deinen ausführlichen Bericht und die Fotos.
Wie ich aus deinem Bericht entnehme und den Fotos sehe - geht es dir gut.

Man sieht sich irgendwann irgendwo....

Grüße aus dem Marchfeld

survival
17.08.2007, 18:57
Hallo Basti!
Danke für Deine schönen und offenen Worte.
Weiterhin alles Gute und hokahe. Tom

Eggl
17.08.2007, 20:36
Hallo Basti,
danke für deinen Bericht, ich hab schon seit dem Schwarzmond gespannt drauf gewartet und gedacht, dass du vielleicht nicht dazu gekommen bist. Umso größer war die Freude, heut von dir zu hören.
Wir denken oft an dich und den Weg, den du gerade gehst und wie es dir dabei ergeht (auf allen Ebenen - körperlich, geistig und seelisch). Was du berichtest gibt uns viel Stoff zum Nachdenken und Lernen!
Wir sind beeindruckt von der Kraft, mit der du die Herausforderungen angehst und von der Offenheit, mit der du deine tiefen Erfahrungen und deine VerWandlung teilst.
Alles Liebe
Elke und Hibi

Baschtl
10.09.2007, 02:53
Der 4. Mond - Mond des wilden Reis

Wieder ist ein MOndzyklus vorbei und wir reisen weiter und folgen unseren Tier- und Pflanzenfreunden als unsere Lehrer. Die hungrigen Monate sind vorueber und wir befinden uns in einem wichtigen Uebergangsprozess. Unsere Wig-Wams sind fertig. Sie sind wasserdicht, moskitosicher und riechen nach den Kraeutern, die wir darin troknen. Wir haben die ganze Schule eingeladen und haben eine grosse Zeremonie gefeiert. Wir haben viel gegessen, viel getanzt, viel getrommelt und geraeuchert.
Es ist 7 Jahre her, seitdem hier neue Wig-Wams gebaut wurden. Wie der Name des Mondes schon sagt, ist es die Zeit der Ernte des wilden Reis. Es ist die Zeit fuer Feste, Zeremonien und Versammlungen. DieTiere werden fetter und die Tage kuerzer. Die Frauen fangen wieder an zu bluten und wir beginnen, Gewicht zurueckzugewinnen. Die Zeit des Hungers ist vorbei. Wir konzentrieren uns nun darauf Felle zu gerben, Wurzeln zu graben und Kleidung zu naehen. Hinzu kommt ein Energieumschwung, der immer mehr nach Innen draengt. Mit den laengeren Naechten wird unsere Traumzeit immer wichtiger. Dieser Mond ist auch der Mond des Zuhoerenes. Wir versammeln uns ums Feuer und hoeren unseren Clanleuten gut zu. Ich habe meine ersten 2 Haeute schon geschabt und gerade bauen wir an unseren Rahmen, um dann wirklich zu gerben. Der See wird kaelter und immer oefter beobachten wir migrierende Voegel. Alles um uns herum sagt uns, was wir zu tuen haben. Alles, was wir tuen muessen ist aufpassen: beobachten, zuhoeren, im Moment leben. Unsere persoenlichen Aengste, Muster und Angewohnheiten werden immer offensichtlicher und langsam verfolgen wir diese Sachen immer weiter in unsere Kindheit zurueck. Viele Selbstzweifel und viel Angst vor dem, was wir sind und was wir gelernt haben. Auf der anderen Seite waechst das Vertrauen in den Clan und man fuehlt Sicherheit, wenn man sich im Kreis versammelt. Der Kreis, die rform des Seins, der respektvolle Weg zu leben, in dem jeder seinen Platz findet und sich am Feuer waermen kann. Wir bereiten uns also langsam auf den Winter ? die weisse Jahreszeit vor und warten auf die fallenden Blaetter der Ahornbaeume. Wenn der erste Frost kommt, gehen wir Aepfel sammeln und es wird Zeit die Fallen fuer das Eichhoernchen und die Hasen zu stellen.
Mein Clan schrumpft wieder um ein Mitglied, so dass wir nur noch 3 Leute sind. Wir werden immer kleiner, aber immer enger. Ich fuehle mich zu Hause und bin froh den Hunger ueberstanden zu haben. Ich freue mich auf fettiges Rehfleisch und gute Ledersachen. Ich schicke herbstliche Gruesse aus dem Land der vielen Seen und hoffe ihr alle nehmt euch Zeit, um an die Erde und alle ihre Kinder zu denken.

Gigawaabamin

Bastian

Baschtl
10.10.2007, 04:33
Hallo Leute, es ist gerade zuviel los hier und ich kann nicht wirklich in Ruhe schreiben. Ich schreibe im naechsten MOnat einen Bericht ueber die Zeit. Es wird kalt und es aendert sich viel.

Bis Bald

Basti

survival
15.10.2007, 13:24
Hallo Basti!

Wir denken an dich. Alles Gute, von der ganzen Überlebensschule-tirol Familie. hokahe

Susanne
16.10.2007, 17:46
Lieber Bastian!
Wir werden dieses Wochenende den letzten Block "Deiner" Kräuterausbildung haben. Wir werden ein kleines Ritual für Dich machen und Dir ganz liebe Gedanken schicken!
Big hug
Susanne

Baschtl
09.11.2007, 20:44
Hallo liebe Leute,

Der Herbst und der damit verbundene Umschwung in der Natur sind immer staerker zu spueren. Der Norden und der Sueden, weibliche und maennliche Energie, kaempfen miteinander und so langsam gewinnt die Kaelte die Oberhand.
Wir haben die ersten Schneefaelle hinter uns und haben ein paar Haeute gegerbt.
Die Naechte werden kalt und lang und der See faengt an zuzufrieren.
Unser Clan besteht nur noch aus 4 Leuten, da wir wieder jemanden verloren haben. Zu 4. versuchen wir zurzeit das Winter-WigWam zu reparieren. Die Generationen vor uns haben es gebaut und wir verbessern zurzeit die Isolation und bauen an einem neuen System fuer die Feuerstelle. endlich koennen wir ein Feuer in unserer Huette machen. Wir freuen uns so darauf. Jeden Tag wird es ein wenig kaelter und jeden tag gehen wir auf die Suche nach Hartholz. wir muessen unser Feuerholz fuer 3 Monde Winter sammeln und wir muessen uns beeilen, da der Schnee ziemlich schnell kommt. Die Tiere hinterlassen ihre Spuren und wir fangen bald an diese intensivst zu studieren.
Wir erforschen weiterhin unsere Aengste, die uns davon abhalten, unsere Gefuehle im Moment auszudruecken. Ich merke, wie sehr ich Angst habe, Gefuehle wie Wut und Aerger im Moment zur entsprechenden Person auszudruecken. Das ist so gegen meine(zivilisierte) Konditionierungen!!!
Wir sind gespannt auf die kurzen Naechte und die Traumarbeit. Wir bekommen mehr Fleisch und Fett und werden staerker und staerker. Wir sind bereit in eine Art Winterschlaf zu gehen und uns mit unserer Vergangenheit und unseren Ahnen und Verwandten zu verbinden.
Ich gruesse euch alle von ganzem Herzen und wuensche euch Gesundheit und Glueck.

Gigawaabamin

Bastian

Baschtl
11.12.2007, 03:22
Hallo Leute,

wieder mal ist es um den Neumond und wir haben einen tag in der Schule, um uns mit der Zivilisation zu verbinden. Ich moechte auch diesmal ein paar Eindruecke aufschreiben.

Eine weisse Schneedecke hat sich in der letzten Zeit ueber die Mutter gelegt und wir haben die Reparaturarbeiten an der Winterhuette abgeschlossen und sind ins Wintercamp umgesiedelt. Nun koennen wir im Wig-wam Feuer machen und uns so waermen. Wir sammeln viel Hartholz, um diese kalte Zeit warm zu ueberstehen.
Die Tage sind so kurz und unser Fokus aendert sich in dieser Zeit. Wir konzentrieren uns auf Traeume, Tracking und die Verbindung zu unserem Inneren Kind. Wir leben nun so eng zusammen, dass wir ehrlich und spontan miteinander kommunizieren muessen. Der See ist gefroren und wir trinken aus einem Loch, das wir jeden Morgen aufhacken. Nach dem Trinken wachsen uns dann Eiszapfen in unseren Baerten. In dieser Zeit bemuehen wir uns darum, unser inneres feuer aufrecht zu erhalten. Wir rennen viel und versuchen immer in Bewegung zu bleiben. Wir besuchen regelmaessig einen bestimmten Ort und studieren die Spuren. Am Abend sitzen wir ums Feuer und teilen unsere erlebnisse und lernen so voneinander. Wir ueben unsere Wolfwalkingskills und versuchen so unsichtbar wie moeglich durch die Landschaft zu streifen.
Wir haben eine sehr harte Umgewoehnungsphase ueberstanden und lernen die Kaelte zu umarmen. Das gleich tue ich mit euch allen da draussen.
Lebt im Moment und ehrt die Wahrheit.

Bis Bald

Basti

Susanne
31.12.2007, 18:43
Hallo Bastian!
Derzeit knabbere ich an einigen körperlichen Wehwehchen. Und da denke ich oft an Euch: klingt so schon unwahrscheinlich hart, was Ihr da auszuhalten habt (auch, wenn ich Euch immer wieder beneide um all das Schöne, das ja ebenfalls um Euch ist, und das Ihr so intensiv erleben dürft!). Um wie viel härter - ja, fast unmöglich - muss es dann sein, wenn man mal Gelenksbeschwerden hat oder eine Nebenhöhlenentzündung oder so. Wir können uns ja ins Warme legen, die Füße hoch, nix tun, außer viele Liter Kräutertee trinken. Wie macht Ihr das bloß, wenn jemand krank ist???
Schicke Dir viel Wärme und gute Gedanken - hoffentlich sind die Räuchersachen bei Dir angekommen - schätze, dass auch bei Euch während der Raunächte viel geräuchert wird!
Susanne

Baschtl
12.01.2008, 14:07
Die Schneedecke liegt immer noch und nach einer warmen Phase gibt es nun wieder mehr Kaelte und Schnee!
Immer mehr Spuren und Zeichen unserer Tierbegleiter offenbaren sich und wir arbeiten an unseren Beziehungen mit ihnen. Jeden Tag streifen wir durch die Wildnis, ueber Seen und durch Suempfe, um neuen Spuren und Geheimnissen zu folgen. So viele verschiedene Tiere und jedesmal gibt es etwas zu lernen und zu bestaunen. Am Abend kommen wir dann zusammen und bringen unserer Geschichten zum Clan, der sich ums Feuer versammelt. Unserer Clanwissen waechst und waechst und mit jeder Geschichte werden wir fuer den naechsten Tag inspiriert. Wir leben immer noch im Wintercamp und bereiten uns gerade darauf vor unseren Topf aufzugeben. Wir kochen nur noch ohne Topf und entdecken die vielen Variationen des primitiven Kochens. Es ist so erfuellend auf diese Weise zu essen!! Wir haben eine gute Beziehung zur Kaelte aufgebaut und wissen, wie wir unser inneres Feuer schueren koennen. In der Nacht erhalten wir dann Rat und Fuehrung durch unser Traumselbst und koennen so jeden Tag an den nicht hilfreichen Mustern arbeiten. Es ist so erstaunlich, wie einfach und direkt diese Kommunikation funktioniert und wieviel wir dadurch lernen und wachsen koennen. Es ist, als haette ich etwas in mir endeckt, das schon immer nach Aufmerksamkeit getrachtet hat. Und nun weiss ich wie.
Alle 3 Tage treffen wir uns mit Tamarack und erzaehlen unsere Geschichten und Beobachtungen. Natuerlich kriegen wir nicht eine Antwort, sondern so viele Fragen, dass wir am naechsten Morgen unbedingt wieder raus wollen, um diese zu beantworten. Wir, als Clan, bauen immer mehr Vertrauen auf und so koennen wir immer offener sein.
Es steht eine grosse Veraenderung an: Wir bauen ein Schneecamp.
Sobald es Neuschnee gibt, werden wir unser eigenen Schneecamp bauen und dort die letzte Zeit des Winters verbringen. Wir koennen den Platz selber aussuchen und nehmen nur das allernoetigste mit. (Also keinen Topf)
Wir sind aufgeregt, gespannt und ein bisschen aengstlich, wissen aber, dass man nur so wachsen kann. Wie oft muessen wir hier unsere Aengst umarmen und sie erfahren um dann zu merken, dass Angst nur Mangel an Wissen ist.
Ich schicke weisse Gruesse an Alle!

Gigawaabamin

Basti

AdDigDifWorld
18.01.2008, 19:59
Lieber Basti,

ich kenne Dich nicht und doch bin ich tief bewegt von Deinen Zeilen. Da ich recht neu in diesem Forum bin, bin ich gerade erst auf Deinen Thread aufmerksam geworden.

Du schreibst mit unglaublich viel Herz, und so konnte ich tief eintauchen in Dein Er-leben. Du hast mein Herz damit berührt. Dafür möchte ich Dir aus tiefster Seele danken.

Du lebst eine Vision für mich. Ich erkenne mich und meine Träume in fast allem wieder, was Du schreibst. Ich beneide Dich ein wenig um den Mut, Dich Dir selbst zu stellen und diesen Weg zu gehen, einen Mut, den ich in mir noch nicht zu finden glaube. Daher kann ich Dich nur in Gedanken begleiten und mich freuen, wenn ich wieder Zeilen von Dir lesen kann.

Hat das Gedicht noch weitere Strophen? Es ist wunderschön und sehr wahr.

Mit Hochachtung vor Deinem Sein,
Herzengruß,
Adrian

Sylvia
20.01.2008, 19:19
Lieber Basti!
Auch lieber Adrian!

Auch im bin tief im Herzen (und offensichtlich auch in meiner eigenen Sehnsucht) berührt über eure Zeilen. Basti, ich begleite dich (in Gedanken) ja schon länger und kann mich den Zeilen von Adrian nur anschließen. Ich bewundere deinen Mut, dich dir selbst (und nebenbei auch der Natur) zu stellen.

*Traumselbst* ein wunderbar, erstaunlicher, schöner Ausdruck!
*Umarmung der Kälte* auch dies ist wahrlich weise.

In Gedanken,
von Herzen,
Sylvia

Baschtl
08.02.2008, 04:26
Wieder ein Mal ist Neumond und ich schreibe einen kleinen Bericht.
Nach einer sehr kalten Zeit(um die -30 Grad Celsius) haben wir angefangen unser Wintercamp zu verlassen und sind mit dem allernoetigtsen zu unserem Schneecampplatz gewandert. Dort haben wir dann sofort angefangen ein Lean-to zu bauen. Es ist der naechste grosse Schritt. Ein voellig neues Camp und wir muessen alles selber bauen. Wir haben das Lean-to fertiggestellt und fangen an unsere Snowlodges zu bauen. Es ist aufregend und spannend, einen voellig neuen Platz und einen neuen See zu entdecken. Jeden Tag erkunden wir neues Gelaende und jeden Tag wird unser Camp ein wenig gemuetlicher. Der Hoehepunkt des Winters ist vorbei und wir hoffen auf milderes Wetter. Unser Hauptaugenmerk liegt nun auf dem Bau unserer Huetten und Tracking. Jeden Tag beobachte ich eine Gruppe von Raben und es gibt einen Fuchs, der jeden Tag am Rande des Sees entlang spaziert.
Unser Campleben fuehlt sich friedlicher und vertrauensvoller an und ich selber erlebe einen Zustand von Selbstvertrauen, Vertrauen und Lebenslust. Vertrauen in die Mutter Erde und Vertrauen in meinen Kreis. Wie wichtig fuehlt sich diese Verbindung an, das tiefe Vertrauen und die Sicherheit akzeptiert und geliebt zu werden. Es schleichen sich Aengste ueber die Zukunft in der Zivilisation bei mir ein und ich weiss, dass es eine schwere Umstellung wird.
Ich genoss also einen weiteren kalten Mond in der weissen wunderbaren Welt.
Ich gruesse euch alle und sage Gigawaabamin

Basti

Baschtl
04.04.2008, 17:12
Hallo,

Dies ist der letzte Eintrag zu diesem Erlebnisbericht. Die Zeit des Uebergangs zwischen der gruenen und der weissen Jahreszeit war sehr intensiv. Stuerme, Sonnenschein, neue Wolkenformationen, mehr Kraehen und Gaense und immer noch sehr kalte Temperaturen. In dieser letzten Zeit haben wir uns auf den Wechsel, die Umstellung in das ziviliserte Leben vorbereitet. Wie koennen wir die Prinzipien des Clanlebens mit uns nehmen und sie leben??
Wir haben verstaerkt mit unseren Traeumen gearbeitet um Rat fuer diese Zeit zu erhalten. All die neuen Einsichten muessen nun gelebt und angewendet werden. Wir haben unsere Camps aufgeraeumt und fuer die kommenden Seekers vorbereitet. Unsere Kanus haben wir ueber den gefrorenen See getragen und sie wurden in die Schule gebracht. In den letzten Tagen des Programms haben wir angefangen Ahornsaft zu zapfen. Es gibt ein Ahornsirup-Camp und wir haben die "Geraete" geschnitzt, die man in den Baum steckt. Ein wirklich leckeres Geschenk dieser Saft. Danke an die Baumleute! 2 Tage bevor dem Ende hatten wir unsere letzte Schwitzhuette und dann ein Fest im Schneecamp. Wir haben getrommelt und getanzt und dabei unser Lean-To verbrannt. So viel Energie und Gegenwaertigkeit!
In unserem letzten Treffen mit den Guides haben wir dann in Einzelgespraechen ueber unsere Gaben und ueber unsere kommenden Herausforderungen gesprochen. Es wurde immer klarer, dass ein Abschied bevor steht. Doch es ist kein Gefuehl von Ende und Anfang, sondern ein Gefuehl des Uebergangs. So wie der Tod ist es kein Ende und Anfang, sondern ein Teil des Ganzen. Zum Abschied haben wir Lederbeutel mit getrockneten Kraeutern geschenkt beckommen. Kinnickinnick! Eine Tradition der Einheimischen. Die Erinnerung das Geben und Erhalten das gleiche sind. Mit diesem Lederbeutel um den Hals startete ich die Wanderung aus der Wildnis. Als ich in der Mitte unseres geliebten Sees stand, habe ich Danke gesagt. Eine kleine Gabe des Kinnickinnick an die Himmelsrichtungen!
Und dann verliessen wir diesen heiligen Ort, diesen Platz der Verbundenheit und Heilung. Ein Platz des Schmerzes und der Traenen. Ein Platz der Freude und des Friedens. Ein Platzt des Seins. Natuerliches Sein!
Dieser Platz wohnt jetzt in uns. Und des ist eine grosse Herausforderung diesen Platz zu schuetzen. Ihm Zeit und Aufmerksamkeit zu geben. Es liegt an uns, ob wir unser Leben von diesem Platz aus leben wollen, oder vom Platz des Egos! Es liegt an uns, sich wieder im Kreis zu versammeln und in Verbundenheit zu leben!

Gigaawaabamin

Susanne
04.04.2008, 19:09
Danke, Basti, dafür, dass Du Deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. Wir alle wünschen Dir nun von Herzen ein gutes freudvolles Heimkommen zu Deinen Lieben und ein festes und sicheres Bewahren Deines friedvollen Platzes in Deinem Herzen! Mögest Du immer an ihn zurückkehren können!
Susanne

HintermHorizont
18.09.2009, 16:57
Heyhoo
Ich möchte den Bericht mal wieder "auffrischen". Als ich mir Deinen Bericht hier durchlas und mir die Seite ansah, ich muss zugeben mein Englisch ist nicht das Beste- muss ich sagen: Ich bin total inspiriert. Du hast mir ja per PN schon netterweise erzählt, wie das Alter so verteil war. War schön zu erfahren, dass auch auch "Ältere" zu so einem ungewöhnlichen "Jahresurlaub";) bereit sind. Obwohl bis zum Schluss ncht mehr viele da waren.
Den Preis für das Jahr habe ich mittlerweile auf der Seite gefunden. OK, man gibt wohl bestimmt mehr im Monat in Deutschland aus. Nur ich habe nichts mit Krankenversicherung gefunden. Wie hast Du das geregelt?
Schön, dass es solche Möglichkeiten gibt! :D
Liebe Grüße
HH

Fabi
03.12.2009, 09:21
dass es soetwas gibt wusste ich nicht.
...unglaublich schön...